Länderspiel in Hamm

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SC Rote Erde Hamm - eine Chronik

 
1919
– Gründung einer Schwimmabteilung, die sich aus dem Hammer Spielverein 04 und dem Turnverein Hamm (später TuS 1859) speist

1929 – Gründung des Schwimmvereins SV Rote Erde

1937 – Zwangsauflösung des Vereins in der NS-Zeit

1946 – Gründung des Schwimm-Klubs Rote Erde und Gewinn der Westfalenmeisterschaft durch die Wasserballer im August

1954 bis 1975 – elfmal Deutscher Wasserballmeister und zahlreiche Olympiateilnehmer

1984 – die Wasserballer Dirk Theismann und Jürgen Schröder holen bei Olympia Bronze

1994 bis 2000: mehrere deutsche Wasserball-Vizemeisterschaften und Vize-Pokalsiege

2002 – Unfall der Bundesliga-Mannschaft auf dem Weg nach Berlin mit mehreren Schwerverletzten

2006 – freiwilliger Abstieg in die 2. Liga West

2010 – Gründung einer Startgemeinschaft mit dem SV Brambauer

2012
– Aufstieg mit der SGW SC Rote Erde/SV Brambauer in die 1. Bundesliga

2013 – Abstieg in die 2. Liga West

2015 – der SC Rote Erde schließt sich dem TuS 59 Hamm an

2017 – Auflösung der Startgemeinschaft mit dem SV Brambauer

100 bewegte Jahre beim SC Rote Erde Hamm

Gründung nach dem Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg war gerade erst vorbei. Im fernen Berlin tobten immer wieder Straßenschlachten. Die Weimarer Republik stand noch auf wackligen Füßen – da schlossen sich Hammer Bürger zusammen, um den Schwimmsport in der Stadt voranzubringen. 1919 gilt offiziell als Gründungsdatum des SC Rote Erde Hamm, der deshalb 2019 sein 100-Jähriges Bestehen feiert – wenngleich mittlerweile als Abteilung des TuS 59 Hamm, die allerdings weiter ihr Logo mit den berühmten beiden Ringen trägt, außerdem den Traditionsnamen „Rote Erde“.

Wobei von „Rote Erde“ Anfangs noch gar nicht die Rede war. Die ersten Schwimmabteilungen sollen beim Hammer Spielverein 04 sowie dem Turnverein Hamm (später TuS 1859) entstanden sein. Sie waren die Hauptquellen, aus denen sich der 1929 gegründete SV Rote Erde speiste. Mit seinem Anschluss an den TuS 59 im Jahre 2015 kehrte der SC Rote Erde sozusagen in den Schoß des Vereins zurück, aus dem er einst selbst entstanden war.

Lange Bestand hatte aber auch der SV nicht. Die Nationalsozialisten, die 1933 die Macht übernahmen, verherrlichten zwar das Bild des durchtrainierten

1954 in Hannover - erstmals deutscher Meister
1975 in Berlin: Der elfte und letzte Deutsche Meistertitel
Antreiber: Mit Rekordnationalspieler René Reimann wurde Rote Erde mehrfach Vizemeister
Wettkämpfers. Diesen Typus Mensch wollten sie jedoch in ihren eigenen Organisationen heranzüchten. Auch und gerade, weil dieser später als kämpfender Soldat gebraucht würde. Die Sportvereine setzte das zunehmend unter Druck. Jugendliche mussten an die Hitlerjugend und den Bund Deutscher Mädel abgegeben werden. Vor allem kleinere und auf einzelne Sportarten spezialisierte Clubs waren den Machthabern ein Dorn im Auge, weil sie schwieriger zu kontrollieren waren.

Nazis lösen den SV Rote Erde Hamm 1937 auf

Sie wurden schrittweise beschnitten. Zunächst, indem der Hitlerjugend die besseren Trainingszeiten zugeteilt wurden. Später, indem die Hallengebühren um 50 Prozent erhöht wurden. 1937 schließlich erfolgte per Verordnung die Auflösung des SV Rote Erde, weil dieser als Spezial-Sportverein nicht mehr erwünscht war. Die Schwimmer und Wasserballer wechselten daraufhin zum TuS 59 sowie zur Hammer SpVg. Dort lief der Betrieb zunächst weiter, später notdürftig in sogenannten Kriegssportgemeinschaften.

Erste Schwimmwettkämpfe nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Hamm bereits wieder im September 1945, in der Lippe. Am 1. Juli gründete sich dann der Schwimm-Klub Rote Erde neu und feierte schon am 25. August 1946 einen ersten Erfolg mit dem Gewinn der Westfalenmeisterschaft. Das Team schaffte auch den Aufstieg in die Westdeutsche Oberliga.

Die große Zeit der Rote Erde-Wasserballer begann jedoch 1954 mit dem Gewinn der ersten Deutschen Meisterschaft im Annabad in Hannover. Auf der Endrunde holten sie den Titel mit Siegen gegen Meister Bayern Nürnberg (7:4), Duisburg 98 (4:1), den SSF Barmen (5:2) und München 99 (6:0) – trotz einer Niederlage gegen Gastgeber Wasserfreunde 98 Hannover (2:4).

1954 - die erste von elf Deutschen Meisterschaften

Dass der Titelgewinn in Hannover kein Zufall war, bewiesen die Rote Erde-Wasserballer schon im darauf folgenden Jahr. 1955 holte der Verein in Weil am Rhein seinen zweiten Meistertitel. Einer, der mit viel Aufregung verbunden war. Werner Meierkord war im Spiel gegen SSF Barmen nach einem Ellbogenschlag geraume Zeit bewusstlos. Weil das Spiel wiederholt wurde, verschob sich der Zeitplan. Im Entscheidungsspiel gegen Nürnberg war es schon fast finster. Das 3:2-Siegtor erzielte Hans Schepers. „Nur die Fledermäuse haben es bei der Dunkelheit gesehen“, erinnerte er sich später.

1956 sollte der SC Rote Erde selbst erstmals eine Endrunde ausrichten. Doch die stand auf der Kippe. Das Becken des Jahn-Freibades war undicht, weswegen immer wieder kaltes Wasser nachgefüllt werden musste. Außerdem spielte der Sommer nicht mit. Die für das Turnier geforderten 16 Grad Wassertemperatur drohten unterschritten zu werden. Trainer und Wasserballwart Arthur Dewitz organisierte von der Bundesbahndirektion in Essen die Lokomotive „Spitz“, die auf einem Minigleis aufgestellt wurde und heißen Dampf ins Becken pumpen sollte.

Die Begeisterung über die Erfolge der Hammer Wasserballer kannte in der Stadt kaum Grenzen. Zu den fünf Turnierabschnitten 1956 kamen 25000 Besucher ins Jahn-Freibad. Im Nichtschwimmerbecken musste eine zusätzliche Tribüne aufgestellt werden.

Sieben Titel allein unter Arthur Dewitz

Elf deutsche Meistertitel holte der SC Rote Erde zwischen 1954 und 1975. Allein sieben davon unter der Regie des legendären Arthur Dewitz, nach dem später die Straße zwischen Jahnstadion und dem mittlerweile abgerissenen Jahnbad benannt wurde. Meistertrainer 1969 war Dieter Buchbinder. Drei weitere Titel holten die Hammer unter der Regie ihres früheren Weltklasse-Torwarts Hans „Anton“ Hoffmeister.

Erfolgreich war der Verein aber nicht nur im Wasserball. Vor allem zwischen 1968 und 1970 mischte dessen Schwimmabteilung an der Deutschen Spitze mit. Erfolge, die vor allem mit den Namen Monika Sobek, Gerlinde Hoigt, Christel Rybka, Edeltraud Koch, Angelika Fischer, Gaby König, Gerda Lohmann und Jutta Weber verbunden waren.

In den 1990ern wieder in der Deutschen Spitze dabei

Die Wasserballer mischten ab Mitte der 1990er Jahre wieder an Deutschlands Spitze mit. Der Vorstand um den früheren Meisterspieler Bernd Strasser verpflichtete internationale Topleute wie Nationalmannschafts-Kapitän René Reimann oder den russischen Centerverteidiger Alexander Ogorodnikov. Im Tor stand das Hammer Eigengewächs Daniel Voß. Nach und nach kamen weitere Nationalspieler dazu wie etwa die Brüder Jörg und Torsten Dresel vom Hohenlimburger SV.

An Rekordmeister Wasserfreunde Spandau Berlin kam dieses Aufgebot jedoch nicht vorbei. Mehrfach wurde der SC Rote Erde zwischen 1994 und 2000 Vizemeister und Vize-Pokalsieger.

Im Herbst 2001 zeigte der Verein noch einmal einen starken Auftritt beim Europapokal in San Marino. Finanziell geriet der Club jedoch in Schwierigkeiten. Topspieler verließen die Mannschaft noch während der Saison. Im April 2002 verunglückte außerdem einer der beiden Teambusse auf dem Weg zum Spiel bei den Wasserfreunden Spandau. Mehrere Spieler wurden zum Teil schwer verletzt und fielen lange aus. In den folgenden Jahren kämpfte der Verein regelmäßig gegen den Abstieg.

Finanzielle Schwierigkeiten und freiwilliger Abstieg in die 2. Liga

2006 stand der Club kurz vor der Pleite. Der Vorstand beschloss daraufhin den freiwilligen Rückzug in die 2. Liga West, um den Verein finanziell zu konsolidieren. Das gelang unter Führung des früheren Nationalspielers und Olympia-Teilnehmers Dirk Theismann. Gleichzeitig wurde aber bald deutlich, dass eine Rückkehr in die 1. Bundesliga aus eigener Kraft nicht zu schaffen war.

2010 schloss sich der SC Rote Erde deshalb mit dem langjährigen Zweitliga-Konkurrenten SV Brambauer zur SGW SC Rote Erde/SV Brambauer zusammen, die 2012 vor heimischen Publikum im Hammer Freibad in Berge den Aufstieg schaffte. Für die Erstliga-Saison 2012/2013 holte die SGW Rekordnationalspieler René Reimann als Trainer zurück nach Hamm. Den Abstieg in derselben Spielzeit konnte allerdings auch er nicht verhindern.

Anschluss an den TuS 59 bringt frischen Wind

2015 entschloss sich der Vorstand um den Vorsitzenden Christian Müller zum Anschluss an den unmittelbaren Nachbarn TuS 59 Hamm, um als Wasserball-Abteilung unter Beibehaltung des Traditionsnamens von den professionellen Strukturen des größeren Vereins profitieren zu können. Inklusive Clubhaus. Denn ein eigenes hatte der SC Rote Erde seit der Rückgabe des Grundstücks am Jahnbad an die Stadt in den 2000er Jahren nicht mehr.

Der Anschluss an den TuS hat spürbar zu einem Aufschwung des Vereinslebens geführt. Seit der Auflösung der Startgemeinschaft mit dem SV Brambauer in 2017 führen die Teams auf der Wasserballbühne mit Stolz auch wieder ihren Traditionsnamen und das berühmte Logo mit den zwei Ringen. Die erste Mannschaft hält sich in der 2. Liga. Und die jüngeren Nachwuchsteams gehören mittlerweile wieder zu den besten in NRW.

von Christian Bohnenkamp

"Ich hätte den SC Rote Erde nie verlassen"

Ein Interview mit Ludger Weeke

Seit 1961 ist der am 25. April 1949 in Hamm geborene Ludger Weeke Mitglied beim SC Rote Erde Hamm. Mit diesem holte er viermal die deutsche Meisterschaft. Außerdem spielte er 180 mal für die Deutsche Nationalmannschaft, mit der er an drei Olympischen Spielen teilnahm.

Von 100 Jahren, die es den SC Rote Erde Hamm nun gibt, hast du immerhin schon 58 selbst als Mitglied miterlebt. Was verbindest du mit dem Verein?

Für mich war der Verein immer unglaublich wichtig. Schon in meiner Jugend wurde ich von allen total eingebettet. Ich habe mich von Anfang an wahnsinnig wohl gefühlt. Die Geselligkeit hat eine ganz große Rolle gespielt. Das war wie meine zweite Familie. Wir hatten ja auch ein tolles Clubhausgelände, wo wir auch einen großen Teil unserer Zeit verbracht haben.

Wie bist du überhaupt zum Wasserball gekommen?


Modellathlet: 180 Länderspiele absolvierte Rote Erde-Legende Ludger Weeke
Immer noch ehrgeizig: Weeke gewann 2018 die Masters-WM seiner Altersklasse in Slowenien.

Ich wollte eigentlich Fußball spielen. Aber da war mein Vater dagegen, weil er sich selbst damit die Knochen kaputt gemacht hat. Deshalb bin ich mit zwölf Jahren zum Schwimmen gegangen. Für den SC Rote Erde habe ich auch schon zwei Deutsche Jahrgangsmeistertitel über 200 Meter Brust geholt. Allerdings war es einfach so, dass man beim SC Rote Erde Wasserballer wurde. Hansi Schepers war mein erster Trainer. Er hat nur leider den Fehler gemacht, dass er mir den Ball auf die rechte Hand zugespielt hat. Ich wurde beim Wasserball also Rechtshänder, obwohl ich eigentlich Linkshänder war.

Deiner Karriere scheint das aber nicht allzu sehr geschadet zu haben. Wie war das, als du in die erste Mannschaft gekommen bist, mit all den berühmten Meisterspielern?

Das war mit 16. Da spielten mit Benno Strasser, Lajos Nagy, Heinrich Kleimeier, Charly Berg, Anton Hoffmeister und Dieter Buchbinder gleich mehrere Olympioniken. Am Anfang musste ich Hoffmeister, Strasser und Nagy siezen. In der Mannschaft gab es noch eine echte Hierarchie. Das „Du“ wurde mir erst angeboten, nachdem ich schon mehrere Länderspiele absolviert hatte. Das erste war mit 18, ein 3:3 in Hamm gegen Rumänien.

Wer in der Mannschaft hat dir eigentlich den Spitznamen „Filz“ gegeben – und warum überhaupt?

Den Namen habe ich bekommen, weil ich damals so lange und verfilzte Haare hatte. Das trug man ja so. Verpasst haben ihn mir wahrscheinlich Heinrich Kleimeier oder Charly Berg.

Du hast auch noch den legendären Arthur Dewitz als Trainer erlebt, unter dem der SC Rote Erde sieben seiner elf Meistertitel geholt hat. Welche Erinnerungen hast du an ihn?

Dewitz hatte so eine Art: Entweder konnte er dich leiden – oder nicht. Mich konnte er zum Glück leiden. Er war schon auch eine väterliche Figur. Dewitz hat mir mal 3000 Mark geliehen, damit ich mir ein Auto kaufen konnte, um zum Training zu fahren. Ich habe ja in Aachen studiert. Das Geld war zwar zinsfrei, aber ich musste es ihm bis auf den letzten Pfennig zurückzahlen.

1969 hast du deinen ersten Meistertitel mit dem SC Rote Erde Hamm geholt. Wie war das damals?

Das war wirklich unglaublich. Die Endrunde wurde ja in Hamm ausgerichtet. Zu jedem Turnierabschnitt kamen 3000 Leute ins Jahnbad. Die Stimmung war absolut fantastisch. Am Samstagmorgen waren alle Schulen eingeladen. Da war dann noch mehr los. Der SC Rote Erde war damals auch gesellschaftlich eine echte Nummer. Da gaben sich Politik und Wirtschaft die Klinke in die Hand.

Was für ein Spielertyp warst du eigentlich? Man hört du seihst ein ziemlich harter Hund gewesen.

Ich habe sicher auch mal was auf die Nase gegeben. Aber die hatten das dann auch verdient. Ich war ein guter Schwimmer, beweglich, hatte gute Beine und habe das kreative Spiel gemocht. Am Anfang war ich Stürmer, zum Schluss eher Verteidiger.

Gibt es ganz besondere Momente, an die du dich als Wasserballer zurückerinnerst?

Einer war sicherlich die erste Deutsche Meisterschaft in Hamm. Aber auch den vierten Platz bei den Olympischen Spielen 1972 in München, mit Hans Schepers als Trainer, werde ich nie vergessen. Wir haben Italien und Jugoslawien hinter uns gelassen und ein Unentschieden gegen Ungarn geholt. Das hat die Ungarn den Olympiasieg gekostet.

Und deine bittersten Momente?

Wenn wir mit Rote Erde nur Zweiter geworden sind, war das immer ganz schlimm. Auf internationaler Ebene war es sicherlich das Spiel gegen Italien bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, als wir von einem russischen Schiedsrichter gnadenlos verpfiffen wurden. Nach zwei Vierteln hatte er schon drei Leistungsträger von uns rausgeworfen. Ich gehörte auch dazu. Ich bin mir auch heute noch sicher, dass der Russe Geld von den Italienern bekommen hat. Das war auch deshalb bitter, weil unsere Mannschaft eigentlich sogar noch stärker war als 1972.

Als 180-facher Nationalspieler hast du sicherlich auch viele Angebote von anderen Clubs bekommen. Warum bist du dem SC Rote Erde immer treu geblieben?

Tatsächlich habe ich kein einziges Angebot von einem anderen Verein bekommen. Die wussten ganz genau: Ich hätte den SC Rote Erde nie verlassen. Ich werde auch bis an mein Lebensende in diesem Verein bleiben. Ich habe so viele positive Erlebnisse gehabt, dass ich auch immer bereit war, etwas zurückzugeben.

Es gab aber bestimmt auch eine Reihe von Momenten, in denen du dir Sorgen um den Verein machen musstest…

Das war sicherlich öfter der Fall, zum Beispiel, als wir in den 2000er Jahren unser Clubgelände an die Stadt zurückgegeben haben und in finanziellen Schwierigkeiten waren. Aber es gab in solchen Situationen immer wieder Leute wie Benno Strasser, die Familie Glänzer oder Hans Zapf, die mit anderen zusammen den Verein am Leben gehalten haben. Ohne sie gäbe es den SC Rote Erde nicht mehr. Da müssen wir wirklich dankbar sein.

2015 hat sich der SC Rote Erde dem TuS 59 Hamm angeschlossen, ist seitdem kein eigenständiger Verein mehr. War das für dich als langjähriges Mitglied ein schwerer Schritt?

Das war die beste Entscheidung, die der Verein in dieser Situation treffen konnte. Die Mitgliederzahlen gingen schon seit vielen Jahren zurück. Das hat sich nun wieder ins Gegenteil umgekehrt. Hier wird wirklich eine supergute Jugendarbeit geleistet, die sich auch wieder positiv auf die Mitgliederzahlen auswirkt. Das sehe ich mit großer Freude.

Du spielst nach wie vor gelegentlich in der Dritten Mannschaft, trainierst regelmäßig und nimmst an Masters-Welt- und Europameisterschaften teil. Woher nimmst du mit fast 70 die Motivation dafür?

Da will ich ehrlich sein: Es ist die Sucht nach Erfolg. Das, was mir ein Leben mit dem Wasserball gegeben hat, hätte mir ein normales Leben nie geben können. In diesem Jahr geht es zur Masters-WM in Südkorea. Das Adrenalin ist immer noch voll da. Vielleicht sogar zuviel.

Das Interview führte Christian Bohnenkamp im Februar 2019
 


Rote Erde-Dynastien noch heute aktiv

Bergs und Roses lange dabei

Große Namen hat der SC Rote Erde Hamm viele hervorgebracht. Zwei Familien, die den Verein über Jahre mitgeprägt haben, sind jedoch auch heute noch mit mehreren Mitgliedern in Vorstand, als Trainer oder aktiv im Wasser dabei. Vor allem an den Bergs kommt fast niemand vorbei.

Der 2010 verstorbene Winfried Berg, den alle nur „Charly“ nannten, holte zwischen 1963 und 1971 mit der ersten Wasserballmannschaft sechs Deutsche Meisterschaften für den SC Rote Erde, nahm außerdem an 20 Länderspielen teil. Für den Verein war er nach seiner aktiven Laufbahn viele Jahre als Wasserballwart aktiv. Diesen Posten in der Wasserball-Abteilung, die sich 2015 dem TuS 59 angeschlossen hat, füllt heute sein Sohn Kristian aus.

Der 33-Jährige, der derzeit noch verletzt ist, gehört auch noch dem Team der 1. Mannschaft in der 2. Liga an, ist außerdem Trainer der 2. Mannschaft. Bis auf einen kurzen Abstecher zum TV Werne in der Jugend hat er seine komplette Laufbahn als Spieler beim SC Rote Erde verbracht. „Für mich war der Verein immer wie eine große Familie. Der Zusammenhalt ist toll“, sagt er.

Schon jetzt steht für Berg deshalb fest, dass Sohn Oskar (1) auch einmal Wasserballer werden soll – mit ausdrücklicher Rückendeckung von Ehefrau Caroline. „Er ist natürlich schon beim Babyschwimmen. Und mit Bällen üben wir auch schon“, berichtet Kristian Berg.

Sechsmal Meister: Winfried Berg, den im Club alle nur "Charly" nannten.
Aktiv im Verein: Die Brüder Kristian und Carsten Berg (hinten von links) mit ihren Kindern Oskar, Justus und Konstantin (vorne von links).
Nils Rose gehört dem Kader der 1. und 2. Herrenmannschaft an, seine Mutter Ute ist Jugendwartin beim SC Rote Erde.

Dessen Bruder Carsten (46) ist mittlerweile auch zum SC Rote Erde zurückgekehrt. Seine Jugend hat er komplett dort verbracht, spielte später in der 1. und 2. Liga für den TV Werne und den SV Kamen. Nach verschiedenen Trainerstationen bei anderen Clubs coacht er nun schon in der zweiten Saison die erste RE-Mannschaft in der 2. Liga, ist außerdem als Jugendtrainer aktiv.

In der U-14 und U-12 ist sein Sohn Justus Rückhalt im Tor. Der erste Berg zwischen den Pfosten. „Ich wollte schon immer ins Tor“, erzählt der 11-Jährige, der sein Talent bereits unter Beweis gestellt hat. Er gehört der NRW-Auswahl an und holte mit dem SC Rote Erde 2018 den dritten Platz bei den NRW-Meisterschaften. Sein Ziel: „Ich will Weltmeister werden“.

Seit einigen Monaten mischt auch Carsten Bergs jüngster Sohn Konstantin im Wasser mit. Der 7-Jährige gehört der U-10 des SC Rote Erde an. „Ich finde das gut, dass man beim Wasserball schwimmen aber auch mit Bällen spielen kann“, sagt er. Seine Laufbahn ist allerdings noch nicht vorbestimmt. Sein Talent für Ballsport hat er auch schon im Fußball und beim Rollhockey gezeigt.

Seit Jahrzehnten Mitglied beim SC Rote Erde ist auch schon die Familie Rose. Der 2009 verstorbene Walter Rose war ein sehr guter Schwimmer und Wasserballer. Hätte der Zweite Weltkrieg, in dem sein ebenfalls talentierter Bruder Hans 1944 an den Folgen einer schweren Verletzung starb, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht, hätte Walter Rose wohl auch eine Chance auf eine Olympia-Teilnahme gehabt. Er selbst zog sich eine schwere Armverletzung zu. „Sein Arm musste damals versteift werden. Er hat das extra in einem Winkel machen lassen, der für Schwimmen und Wasserball gut geeignet war“, erzählt Schwiegertochter Ute Rose, die seit vielen Jahren Jugendwartin beim SC Rote Erde ist.

Ihr Ehemann Jürgen spielte Wasserball zwar nur bis zur A-Jugend. Sein Sohn Nils (18) allerdings ist mit viel Eifer dabei und gehört dem Kader der 1. Mannschaft an. In der Jugend holte er mit seiner Mannschaft außerdem die NRW-Meisterschaft. Das erlebte Opa Walter zwar nicht mehr mit. Dass Nils sich jedoch auch für den Wasserball entschied, „hat ihn wahnsinnig stolz gemacht. Wasserball war schon immer ein Riesenthema in der Familie“, sagt Ute Rose. Erfolgreich als Schwimmerin war außerdem Hilde Rose, Walter Roses Schwester, die in ihrer Jugend eine von Deutschlands besten Kraulschwimmerinnen war. Zum Vereinsmeister hatte es zuvor schon Bruder Karl-Heinz gebracht, der 1941 im Weltkrieg fiel.

von Christian Bohnenkamp